Passion 1959
In weniger als 15 Jahren nach den verheerenden Kriegszerstörungen im vorletzten Monat des Zweiten Weltkrieges hatte das äußere Bild der Stadt Neumarkt wieder Konturen gewonnen. In ungewöhnlich kurzer Zeit war es gelungen, kriegsbedingte Lücken zu schließen. Der Wiederaufbau, der eng mit dem Namen des späteren Oberbürgermeisters Theo Betz verbunden war, galt in der — gerade auch überregionalen — Presse als eine beispiellose „Rekordleistung ... innerhalb der deutschen Grenzen"." Bereits 1948 gab es von den einstmals 744 Ruinen in der Innenstadt nur noch 153, hinzu kamen Baumaßnahmen an weiteren 591 Gebäuden. In rascher Folge wurden Bildungseinrichtungen auf- oder neu gebaut, um insbesondere das Schulwesen wiederzubeleben; weitere Anstrengungen galten der Verbesserung der Infrastruktur und des gesellschaftlichen Lebens, wobei das neu entstandene Kolpinghaus 1949 auch einen wichtigen städtebaulichen Akzent setzte; einen vorläufigen Höhepunkt bildete der Wiederaufbau des Neumarkter Rathauses, das man am 8. Dezember 1957 einweihte.
Aus dem Geleitwort des Schirmherrn Dr. Otto Schedl,
Bayerischer Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr
Wenn der Vorhang in diesem Jahr erneut hochgezogen wird, um den Leidensweg Christi zur Erlösung der Menschheit zu zeigen, wird nicht nur ein religiöser und kultureller Schwerpunkt der Stadt wiedererstehen, sondern seine Ausstrahlung werden sich — dessen bin ich sicher — auch im weiten Lande bemerkbar machen und in die entscheidenden Bezirke menschlichen Daseins hineinwirken.
Aus der gemeinschaftlichen Anstrengung der gut 100 Laienspieler und den fast ebenso vielen Helfern vor und hinter der Bühne resultierte ein großer Erfolg. Insgesamt 26-mal, vom 21. März bis zum 28. Mai (Fronleichnam) wurde das vierstündige Passionsspiel aufgeführt, stets waren die Vorstellungen ausverkauft. Tief bewegt erlebten über 16.000 Besucher das Geschehen auf der Bühne mit, die „Nürnberger Zeitung" urteilte: „Im Gesamteindruck hinterließ die Aufführung Erschütterung. ... Neumarkt machte sich mit dieser Vorstellung einen Namen. ... Es steht nach dem was man sah, zu hoffen, daß sich das biblische Spiel German Mayrs in Zukunft in Neumarkt ebenso einbürgern wird, wie das Spiel um das Leiden Christi in Oberammergau." Und im Ingolstädter „Donaukurier" wurden die Leistungen der Darsteller wie folgt gewürdigt: „Mit tiefer Innigkeit gestaltet er [Otto Rodenbücher] seine Rolle [des Christus]. Aus den Darstellern der Apostel, die im Allgemeinen traditionellen Vorstellungen entsprechen, ragt vor allem der Judas von Hans Mösl hervor und zwar in Maske, Darstellung und Sprache. Hier kann von einer Grenze zum Berufsschauspielertum kaum mehr gesprochen werden. Allen anderen Darstellern von der Maria, Inge Sczogiel, bis zum Barabbas, Johann Augsbach, sei an dieser Stelle ein verdientes Pauschallob gewährt." Mit einem Dankgottesdienst in St. Johannes und einem Festmahl im Kolpinghaus fanden die Neumark-ter Passionsspiele einen würdigen Abschluss, begleitet von dem Wunsch, so Geistlicher Rat und Stadtdekan Josef Kopf in seiner Ansprache, „das große Erlebnis des Spieles in die Waagschale des Lebens zu tun".